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Schinderhannes Bronzeplastikgruppe
auf dem Schinderhannesplatz

Nach Anfrage des Bürgermeisters von Simmern, Herrn Dr. Andreas Nikolay bekann ich sofort mit der umfangreichen Recherche zu dem berühmten Verbrecher und den Verhältnissen in der damaligen Zeit. Sein Werdegang war ausgesprochen erstaunlich und auch wenn er natürlich als Dieb in die Annalen des Hunsrücks einging und man ihm sogar Morde nachsagt, war er doch ein ausgesprochen erstaunlich charismatischer Mann und unterschied sich von dem damals weit verbreiteten Diebes- und Mörderbanden die ihr Unwesen sehr zum Leid der Bevölkerung trieben.
Johannes Bückler, auch genannt Herr Hannes, ist nun nach mehr als 200 Jahren nach Simmern zurückgekehrt.
Der Platz erfuhr eine sehr große Belebung durch diese Arbeit und die Bevölkerung feiert gerne um seinen Standort herum allerlei Feste und das Markttreiben hat Einzug gehalten. Auch die allseits bekannten Schinderhannesfestspiele sollen zukünftig einmal auf diesem Platz stattfinden.
Mit dieser Arbeit ist nun auch erstmalig eine dreidimensionale Darstellung vom berühmten Hunsrück-Räuber gefertigt worden. Im Zuge der Recherchearbeit für die Bronzegruppe wurde auch eine Portraitbüste nach den zeitgenössischen Zeichnungen von Karl Matthias Ernst gefertigt, die jetzt in Bronze im Hunsrückmuseum zu sehen ist. Den Schinderhannes im Moment des Schweinediebstahls habe ich dargestellt, denn 1797 konnte ihm ein solches Vergehen in Simmern nachgewiesen werden und natürlich durfte der Helfersgeselle und die Objekte der Begierde nicht fehlen.

Das zu damaliger Zeit als ausbruchsicher geltende Gefängnis im Turm, verließ er auf mysteriöse Weise unerlaubt nach 6 Monaten Haft. Diese Inhaftierung sollte der Wendepunkt seiner „Karriere“ vom Viehdieb zum Räuber werden, der sein Ende schließlich auf der Guillotine in Mainz im Alter von 24 Jahren fand. Bei der Erarbeitung seines Wesens, wurde mir besonders deutlich bewusst, welch erstaunliches Potential dieser junge Mann gehabt haben muss und welch bedauerlicher Werdegang unvermeidlich seinen Verfehlungen folgte. Wäre er anderer Herkunft gewesen, oder in anderer Zeit geboren, hätte er mit seinen Talenten sicherlich eine herausragende Bedeutung erlangt. Zu Gunsten seiner sehr charmanten jugendlichen Gesichtszüge, die im Augenblick dieses Diebstahls gezeigt werden sollen, habe ich auf den bekannten Hut verzichtet. Bei der Fertigung der Gruppe war es wichtig, sowohl den Habitus, also die außergewöhnliche Stellung des jungen Bücklers, wie auch seine Gewohnheiten deutlich zu machen. Weiterhin ist die Gestaltung des Platzes eingeflossen, die Gruppe nimmt die verschiedenen Ebenen auf und ist von allen Seiten und Perspektiven spannend und lebendig zu betrachten. Auch in der Ausarbeitung der Kleidung war mir die Kombination aus Romantik und Moderne wichtig. So ist beispielsweise nur die Information eines Hemdes gearbeitet, auf einen definierten Faltenwurf wurde verzichtet. Die Transformation des Räubers in unsere moderne Welt der Gegenwart ist gelungen, denn er wird als echter Hunsrücker erkannt und geliebt.

Die inneren Bruchsteinmauern des Sockelaufbaus erinnern an die Schmidtburg und ihre damalige Rückzugsmöglichkeit für den Hannes. Dies kann und wird heute von Kindern quasi nachgespielt, wenn sie sich in diesen Mauern im unteren Bereich des Sockels verstecken. Die anschließende Mauer, die sich zum Sitzen eignet, ist die Reflektion der gegenüberliegenden alten Stadtmauer am Turm. Der äußere, abgerundete Teil dieses Sockelaufbaus greift sowohl aus gestalterischen, wie auch aus thematischen Gründen den eigentlichen Turm auf und zeigt, weil der Hannes ihm ja in voller Freiheit den Rücken kehrt, die Überwindung des Gefängnisses!
Schinderhannes steht in höchster Position, obwohl er eigentlich nie der Chef einer festen Räuberbande war, doch immer wohl als Ideengeber hervortrat und zu den Beutezügen aufrief. Aus der Bevölkerung wurde ihm romantische Verklärung entgegengebracht und besonders die Weiblichkeit war ihm sehr zugetan. Dies kann man allein schon aus der belegten Tatsache ersehen, dass die Karten zu seinem Prozess in Mainz hochgehandelt wurden und zu seiner Hinrichtung 40000 Menschen kamen, wobei die damalige Einwohnerzahl nur 30000 Menschen betrug. Das erklärt auch, dass ihm Hinweise aus der Bevölkerung zugetragen wurden, die er dann in Anweisungen an bekannte Miträuber umsetzte. Daher kommt seiner Figur nicht nur ein attraktives Äußeres, sondern auch die spannungsgeladene Gestik zu, mit der er einerseits ein Beuteschwein im Sack hinter sich gesichert nachzieht und anderseits den Kumpanen zur Eile antreibt. Der Kumpan, dessen Gesichtsausdruck sowohl Hilflosigkeit, mindere Intelligenz und willige Gefolgschaft zeigt, ist bemüht über sich hinauszuwachsen und hat, obwohl bereits ein Beutetier im Griff, noch Zeit gehorsam den Blick zum Hannes hoch zu richten und seinen Anweisungen zuzuhören! Die Darstellung der Schweine als Beutetiere, ist ein gutes Beispiel für die Art der Dieberei die er vor seiner Inhaftierung in Simmern ausführte! Die Schweine erhielten einen fast menschlich anmutenden Gesichtsausdruck, der Rückschlüsse auf die Situation der bestohlenen Besitzer zulässt. Das Schwein im Sack blickt äußerst grimmig, denn es hat bereits den Schaden. Das Schwein des Kumpan hofft noch auf Entkommen, doch die Angst steht ihm schon im Gesicht. Das entfliehende Schwein, auf das der Hannes zeigt, wähnt sich in relativer Sicherheit. Die Betrachtungsweise der damaligen Bevölkerung den Hannes betreffend, war sicherlich ähnlich. Da gab es Geschädigte, knapp entronnene aber stark verunsicherte Betroffene und solche die allein über Sagen und Legenden von den Geschehnissen hörten und deshalb sicher der verklärenden Romantik den Vorzug gaben. Heutzutage bleibt die Erinnerung an seinen Humor und die Dreistigkeit des Recken und damit ergibt sich eigentlich ein ähnliches Ruhmesblatt wie es dem allseits bekannten Wegelagerer Robin Hood zukommt.

Dabei aber die Mahnung die er uns heute wie damals vom Schaffott herunter auf den Weg gibt:
„Ich habe den Tod verdient ….“
Und die letzten Strophen eines alten Liedes gemahnen ebenso:
... "wahr ist´s: daß ich einer Bande
Hauptmann und Anführer war,
daß ich manchen in dem Lande
plündert und ermordet sogar,
welches meist an reichen Leuten
und an Juden ich verübt;
darum ich den Tod muss leiden,
den man auch mit Recht mir gibt.

Nichts half es mir, dass den Armen
ich viel Gutes erwiesen dort;
weil ohn`Mitleid und Erbarmen
ich geraubet und gemord`t.
Menschen! wollt ihr Gutes üben,
haßt das Böse, was ihr Thut,
und thut Niemanden nicht betrüben,
sey´s ein Christ gleich oder Jud."

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